Was bringt der Koalitionsvertrag für Land- und Forstwirte?
Überblick über die geplanten Maßnahmen der Großen Koalition
Union und SPD haben ihren Koalitionsvertrag mit „Verantwortung für Deutschland“ überschrieben. Nach einer turbulenten Zeit wurde am 6. Mai 2025 der Bundeskanzler gewählt und die Pläne aus dem veröffentlichten Koalitionsvertrag sollen nun in die Tat umgesetzt werden. Doch was genau erwartet Unternehmer, Arbeitnehmer und alle Steuerpflichtigen steuerlich in den nächsten vier Jahren?
Ländliche Regionen
Ländliche Räume sollen attraktiver werden. Mit gezielten Investitionen sollen Perspektiven für Betriebe und deren Beschäftigte geschaffen und gestärkt werden. Ein wichtiger Faktor ist dabei die flächendeckende Mobilfunkversorgung. Die Arbeit der Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft soll deshalb fortgesetzt werden.
Digitalisierung in der Landwirtschaft und Bürokratieabbau
Für eine moderne Landwirtschaft sollen die Chancen aus Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz und Bioökonomie genutzt werden. Drohnen sollen z. B. zur Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln im Steillagenweinbau eingesetzt werden. Agraranträge sollen vereinheitlicht und stärker digitalisiert werden. Zudem wird sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für eine Überprüfung der Berichtspflichten im Bereich der Kreislaufwirtschaft einsetzen und auf nationaler Ebene die Notwendigkeit und Angemessenheit von Berichtspflichten prüfen. Das Agrarstatistikgesetz soll novelliert werden, um Doppelmeldungen für die Betriebe zu vermeiden.
Agrardiesel-Rückvergütung und alternative Energien
Nachdem die Agrardieselbegünstigung in den Jahren 2024 und 2025 reduziert wurde und ab 2026 komplett abgeschafft werden sollte, gibt es gute Nachrichten. Die Koalition plant, die in § 57 des Energiesteuergesetzes geregelte Steuerbegünstigung von Dieselkraftstoff in der Land- und Forstwirtschaft wieder mit einer Entlastung um 21,48 Cent je Liter einzuführen. Alternative Kraftstoffe sollen in der Land- und Forstwirtschaft sogar komplett von der Energiesteuer befreit werden.
Stromsteuer
Für energieintensive Betriebe (z. B. Mastbetriebe) soll die Stromsteuer um mindestens 5 Cent/kWh abgesenkt und die Übertragungsnetzentgelte reduziert werden.
Naturschutz und Flächennutzung
Die Mittel der Meeresnaturschutz- und der Fischereikomponente (Wind-See-Gesetz) sollen als Zustiftung an die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) dem Meeresnaturschutz und der nachhaltigen Fischerei zur Verfügung stehen. Mit einem Naturflächenbedarfsgesetz soll die Ausweisung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und die Vernetzung von Ausgleichsmaßnahmen (Biotopverbund) erleichtert werden. Die kluge Flächennutzung soll durch Doppel- und Mehrfachnutzungen (produktions- und betriebsintegrierte Kompensation) gestärkt werden.
Tierhaltung
Genehmigungsrechtliche Hürden beim Stallbau sollen abgeschafft und ein Bestandsschutz für neu- und umgebaute Tierwohlställe für mindestens 20 Jahre eingeführt werden. Zudem soll im Baugesetzbuch (BauGB) ein unkomplizierter Tierartenwechsel verankert werden. Durch ein einmaliges Prüf- und Zulassungsverfahren für neue Stallsysteme soll ein langfristiger Investitionsschutz sowie Rechts- und Planungssicherheit für die Landwirtschaft hergestellt werden.
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP)
Die GAP soll in der ersten Säule einkommenswirksam, bürokratieärmer, transparenter und effizienter ausgestaltet werden. Dabei sollen die Einkommensanreize für die Erbringung von Klima-, Umwelt- und Tierwohlleistungen deutlich gesteigert und Jung- und Neulandwirte stärker gefördert werden.
Stoffstrombilanz soll abgeschafft werden
Land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie Biogasanlagen, die in funktionalem Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Betrieb stehen, sind derzeit verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Düngejahres eine Stoffstrombilanz zu erstellen. Die Koalition plant, das mit der EU-Kommission vereinbarte Monitoring im Düngegesetz zu verankern und die Stoffstrombilanzverordnung abzuschaffen.
Einführung einer Risikoausgleichsrücklage
Es ist geplant, eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage einzuführen, um Landwirte gegen Ernteausfälle durch Extremwetter abzusichern, wie beispielsweise die Dürre, die sich aktuell aufgrund des extrem trockenen Frühlings 2025 in vielen Regionen abzeichnet. Erzielte Gewinne werden dabei steuerfrei in eine Rücklage eingestellt. In Krisenjahren werden diese Ansparungen dann aufgelöst, um Ertragsausfälle auszugleichen.
Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft
Mit dem „Maßnahmenpaket Zukunft Gartenbau“ soll der Selbstversorgungsgrad mit Obst und Gemüse erhöht werden. Besonders in der Erntezeit (Spargel, Erdbeeren, Wein, Obst) werden zusätzliche Saisonarbeitskräfte benötigt. Kurzfristige Beschäftigungen i. S. d. § 8 SGB IV sind sozialversicherungsfrei und können unter bestimmten Voraussetzungen pauschal lohnversteuert werden. Zur Förderung soll die Befristung einer kurzfristigen Beschäftigung von derzeit 70 auf 90 Arbeitstage ausgedehnt werden.
Mindestlohn und steuerfreie Zuschläge
Der gesetzliche Mindestlohn soll weiter steigen, ab 2026 möglicherweise auf 15 Euro je Arbeitsstunde. Die Koalition plant zudem, Zuschläge für Überstunden bei Vollzeittätigkeit steuerfrei zu stellen. Wenn Arbeitgeber an Teilzeitbeschäftigte eine Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit zahlen, soll diese steuerlich begünstigt werden. Außerdem soll die Mitgliedschaft in Gewerkschaften durch steuerliche Anreize attraktiver gestaltet werden.
Geplant ist auch, die Pendlerpauschale zum 1. Januar 2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer dauerhaft zu erhöhen. Wie dies mit den ebenfalls im Koalitionsvertrag enthaltenen Plänen zur Einführung einer Arbeitstagepauschale, in der Werbungskosten für Arbeitnehmer zusammengefasst werden, zusammenpasst, bleibt abzuwarten.
Steuerfreier Lohn für Rentner
Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht hat und freiwillig weiterarbeitet, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bekommen. Dieser Wert orientiert sich an der oberen Grenze der Gleitzone vom Midi-Job zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
Altersversorgung in der Landwirtschaft
Arbeitnehmer, die rentenversicherungspflichtig in der Land- und Forstwirtschaft tätig waren, können unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausgleichsleistung aus der Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZLA) erhalten. Ab dem 1. Januar 2021 neu begonnene Beschäftigungsverhältnisse würden allerdings nicht mehr davon profitieren. Die Koalition plant daher eine Stichtagsverlängerung der Tariflichen Zusatzrente für Arbeitskräfte in der Landwirtschaft um zehn Jahre.
Förderung der E-Mobilität
Wie auch schon die Vorgänger-Regierung möchte die Koalition die E-Mobilität fördern. Dazu soll eine Sonderabschreibung für E-Autos und eine Kfz-Steuerbefreiung für diese Fahrzeuge bis zum Jahre 2035 verabschiedet werden.
Stellen Unternehmer ihren Mitarbeitern ein Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, haben diese einen geldwerten Vorteil zu versteuern. Die Bemessungsgrundlage beträgt bei E-Autos mit einem Bruttolistenpreis von bis zu 70.000 Euro lediglich ein Viertel des Bruttolistenpreises. Die Koalition plant die Anhebung dieser Grenze auf 100.000 Euro.
Investitionen für mehr Wachstum
Die aktuelle Regelung für eine degressive Abschreibung ist zum 31. Dezember 2024 ausgelaufen. Die Koalition plant, die degressive Abschreibung in Form einer 30 Prozent-Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen in den Jahren 2025, 2026 und 2027 wieder einzuführen. Des Weiteren sollen die Kosten für energetische Sanierungen ererbter Immobilien künftig von der Steuer absetzbar sein.
Fazit: Die 146 Seiten des Koalitionsvertrages enthalten nur wenige konkrete steuerliche Vorhaben, die zudem unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen. Welche Pläne letztendlich in ein Gesetz münden und wann, bleibt abzuwarten.