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Steuerfallen bei „Urlaub auf dem Bauernhof“ vermeiden

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02.05.2022 — zuletzt aktualisiert: 11.05.2022

Steuerfallen bei „Urlaub auf dem Bauernhof“ vermeiden

Viele landwirtschaftliche Betriebe vermieten neben der eigentlichen Produktionstätigkeit Fremdenzimmer. Dies bietet sich oft an, wenn auf oder in der Nähe des Betriebes freie Zimmerkapazitäten bestehen. Auch eventuell nicht mehr genutzte Wirtschaftsgebäude können umgebaut werden, um „Urlaub auf dem Bauernhof“ anzubieten. Dieser zusätzliche Betriebszweig kann als zweites Standbein dienen, um neben der Pflanzen- und Tierproduktion zusätzliche Einnahmen zu generieren.

Aufgrund der aktuellen Pandemiesituation ist eine Vermietung für touristische Zwecke zwar noch untersagt, eine Vermietung zu beruflichen Zwecken jedoch erlaubt, z.B. Vermietung an Monteure oder Geschäftsreisende. Der Gesetzgeber lässt eine solche Zimmerüberlassung innerhalb gewisser Grenzen im Rahmen der Landwirtschaft zu. Das soll dem Zweck dienen, dass Landwirtschaftsbetriebe nicht in Konkurrenz zu Hotel und Pensionen treten. Diese sind nämlich Gewerbebetriebe und als solche haben sie einige Privilegierungen nicht, die Landwirtschaftsbetrieben zustehen (z.B. Gewerbesteuerfreiheit oder Bauen im Außenbereich).

Die Frage, welche Abgrenzungskriterien es aus steuerlicher Sicht zwischen einem landwirtschaftlichen und einem gewerbliche Betrieb gibt, beschäftigt nach wie vor die Landwirte und deren Berater. Diese Kriterien gibt es auch bei „Urlaub auf dem Bauernhof“.

Zunächst ist zu klären, warum eine Unterscheidung überhaupt wichtig ist. Generell genießt der landwirtschaftliche Betrieb einige Privilegien, die dem Gewerbebetrieb nicht zur Verfügung stehen. Im Regelfall beziehen sich die negativen Konsequenzen nur auf den Betriebsteil, der gewerblich wird, falls gewisse Grenzen (siehe weiter unten) überschritten werden. Das heißt, dass im Allgemeinen nicht der gesamte landwirtschaftliche Betrieb gewerblich wird. Es entsteht dann neben dem Landwirtschafts- ein separater Gewerbebetrieb – hier ein Betrieb für „Urlaub auf dem Bauernhof“. Hier gibt es eine sehr wichtige Ausnahme: Bei Personengesellschaften (z.B. GbR, KG, OHG) droht die volle „Abfärbung“ der Gewerblichkeit auf den Gesamtbetrieb. Das heißt, die sonst landwirtschaftlichen Einkünfte werden in vollem Umfang zu gewerblichen Einkünften, einschließlich aller damit verbundenen Folgen.

Welches sind nun die tatsächlichen Konsequenzen, die die Unterscheidung für die Praxis bedeutsam machen? Hier gibt es vielfältige Auswirkungen, die weit über das Steuerrecht hinausgehen. Zunächst jedoch zum Steuerrecht. Der neu entstandene Gewerbebetrieb unterliegt – im Gegensatz zum Landwirtschaftsbetrieb – der Gewerbesteuerpflicht. Diese muss entrichtet werden, sobald der Gewerbegewinn den Freibetrag von 24.500 € übersteigt. Weiterhin ist für das Finanzamt eine zusätzliche Gewinnermittlung nötig, was bedeutet, dass ein eigener Jahresabschluss und eine eigene Buchführung notwendig sind.

Die wichtigste und für die Praxis vordergründigste Frage ist natürlich, welche Abgrenzungskriterien es zwischen Landwirtschaft und Gewerbe gibt. In unserem Fall bezogen auf „Urlaub auf dem Bauernhof“.

Es ist ein Gewerbebetrieb anzunehmen, wenn eine hotelmäßige Nutzung der Ferienwohnung vorliegt oder die Vermietung nach Art einer Fremdenpension erfolgt. Ausschlaggebend ist wegen der Häufigkeit des Gästewechsels und im Hinblick auf zusätzlich zur Nutzungsüberlassung erbrachte Leistungen, ob z.B. die Bereitstellung von Wäsche und Mobiliar, die Reinigung der Räume, Übernahme sozialer Betreuung, eine Unternehmensorganisation erforderlich ist, wie sie auch in Fremdenpensionen vorkommt.

Was gilt nun konkret bei „Urlaub auf dem Bauernhof“? Für die Landwirtschaft gelten diese scharfen Abgrenzungskriterien ausdrücklich nicht. Hier ist die Zimmervermietung als landwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, wenn weniger als vier Zimmer oder weniger als sechs Betten zur Beherbergung von Fremden bereitgehalten werden. Hierbei darf der Betrieb keine Hauptmahlzeiten anbieten, wobei die Bereitstellung von Frühstück erlaubt ist. Ferner dürfen keine Eintrittskarten vermittelt, kein Fahrradverleih betrieben oder ähnliche pensionsähnliche Dienste erbracht werden.

Erneut sei darauf hingewiesen, dass bei Betrieben in der Rechtsform einer Personengesellschaft bereits minimale gewerbliche Einkünfte ausreichen, um den ganzen Betrieb in die Gewerblichkeit rutschen zu lassen. Hierbei ist zu beachten, dass eine GbR unter Umständen auch von selbst (ohne formale Gründung) entsteht, indem zwei Personen gemeinsam einen Betrieb bewirtschaften. Vielfach ist den Beteiligten sogar gar nicht bewusst, dass sie eine GbR gebildet haben (sog. Gelegenheitsgesellschaft). Die gewerbliche Abfärbung ist in dem entsprechenden Wirtschaftsjahr nicht mehr rückgängig zu machen. Somit entfällt dann auch das Wahlrecht zur Nichtaktivierung des Feldinventars, was zur Aufdeckung gewaltiger stiller Reserven führen kann. Es sind Fälle aus der Praxis bekannt, in denen die entsprechenden Betriebe die resultierende Steuerlast nicht tragen konnten und Insolvenz beantragen mussten. Eine kontinuierliche Beobachtung der entsprechenden Grenzen seitens des Steuerberaters ist unumgänglich.

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Autor(en)


Janine Krummrich
Steuerberaterin
Fachberaterin für den Heilberufebereich (IFU/ISM gGmbH)

Mail: fuchs-soemmerda@etl.de


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Benjamin Hummel
Betriebsberater M. Sc. agr.

Mail: agrar-forst@etl.de


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