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Baumaßnahmen in landwirtschaftlichen Betrieben

Aktivierungspflichtig oder sofort absetzbar?
Aktuelles
04.08.2022

Baumaßnahmen in landwirtschaftlichen Betrieben

Aktivierungspflichtig oder sofort absetzbar?

Wer Baumaßnahmen auf seinem Hof durchführt möchte die hohen Kosten dafür in der Regel möglichst sofort steuerlich geltend machen. Unternehmer und Vermieter können ihren Gewinn so verringern und das gesparte Geld z. B. zum Sanieren weiterer Hofteile verwenden. Jedoch ist nicht immer eine sofortige Absetzbarkeit möglich, da die Kosten in einigen Fällen nur über den Zeitraum der Nutzungsdauer des Gebäudes berücksichtigt werden können. Damit verschiebt sich der steuermindernde Effekt in die Zukunft. Das hat auch Auswirkungen auf die Liquidität und damit auf die Höhe möglicherweise für die Baumaßnahmen benötigter Fremdmittel.

Wie die Kosten konkret zu berücksichtigen sind hängt davon ab, ob es sich bei den Aufwendungen für die Baumaßnahmen um Erhaltungsaufwendungen oder um Herstellungskosten handelt. Diese Einordnung ist nicht immer leicht.

Erhaltungsaufwendungen liegen vor, wenn Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten an einem bereits bestehenden Wirtschaftsgut, z. B. an einem Gebäude durchgeführt werden. Sie sind sofort als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Herstellungskosten hingegen entstehen für gewöhnlich, wenn ein Wirtschaftsgut neu hergestellt bzw. gebaut wird. Diese müssen zunächst aktiviert und dann über die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts abgeschrieben werden, womit die gewinnmindernde Wirkung erst im Zeitablauf eintritt. Bis hierhin ist die Unterscheidung recht simpel.

Kompliziert wird die Abgrenzung dadurch, dass Herstellungskosten nicht zwangsläufig nur vorliegen, wenn etwas neu gebaut wird, sondern auch, wenn Erneuerungen, Um- oder Ausbauten vorgenommen werden, die über eine bloße Reparatur oder Instandhaltung hinausgehen. Diese sogenannten nachträglichen Herstellungskosten können schnell mit Erhaltungsaufwendungen verwechselt werden. Dies kann mit erheblichen steuerlichen und finanziellen Auswirkungen verbunden sein. An folgenden Grundsätzen kann man sich bei der Abgrenzung orientieren:

Wird im Rahmen der Baumaßnahme lediglich der Zustand des Wirtschaftsguts ordnungs- oder zeitgemäß wiederhergestellt, handelt es sich um eine bloße Instandhaltung und es liegen sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen vor.

Werden hingegen Maßnahmen durchgeführt, die zu einer Erweiterung oder wesentlichen Verbesserung an dem Wirtschaftsgut führen, entstehen nachträgliche Herstellungskosten, die zu aktivieren sind. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Hofbefestigung umfassend erneuert wird. Dabei ist vor allem problematisch, wenn große Mengen Baumaterial eingefügt, im Gegenzug aber kein altes Baumaterial entsorgt wird und es somit zu einer Substanzmehrung bzw. Erweiterung kommt. Eine wesentliche Verbesserung kann vorliegen, wenn der Hof nach der Erneuerung besser befahrbar oder besser zu entwässern ist und der Gebrauchswert somit steigt.

Auch im Falle der Wiederherstellung eines bereits vorhandenen, aber zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Wirtschaftsguts liegen nachträgliche Herstellungskosten vor. Hierbei ist nicht relevant, ob ein Landwirt ein Gebäude seines Hofes trotzdem nutzt, obwohl beispielsweise die Scheiben zerschlagen und provisorisch mit Folie überzogen sind oder die Heizung kaputt ist, die sommerlichen Temperaturen eine Nutzung aber dennoch ermöglichen. Die subjektive Betrachtung des Landwirts spielt keine Rolle, wenn das Gebäude zu dem tatsächlich genutzten Zweck objektiv nicht geeignet ist. Der Umbau stellt in diesem Fall eine Zweit-Herstellung dar und führt demnach zu Herstellungskosten.

Herstellungskosten können auch dann vorliegen, wenn Wirtschaftsgüter einer neuen Funktion bzw. Verwendung zugeführt oder in ihrem Wesen verändert werden, beispielsweise bei einem Umbau eines Getreidespeichers zu einer Wohnung.

Zusammengefasst führen Umbauten zu aktvierungspflichtigen Herstellungskosten bei:

  • Erweiterung oder wesentlicher Verbesserung,
  • Wiederherstellung eines zerstörten oder unbrauchbar gewordenen Wirtschaftsguts,
  • Funktions-/ Wesensänderung bereits bestehender Wirtschaftsgüter.

Natürlich kann es auch Fälle geben, in denen es gar nicht gewünscht ist, die Kosten einer Maßnahme sofort als Aufwand zu berücksichtigen, da diese lieber als (nachträgliche) Herstellungskosten aktiviert werden sollen, z. B. bei der Reinvestition von Geld aus Landverkäufen. Unabhängig davon wie die Interessen des einzelnen konkret aussehen bleibt abschließend festzuhalten: Die Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen und Herstellungskosten ist schwierig und stellt ein ewiges Streitthema dar. Daher empfiehlt es sich, die geplanten Maßnahmen vor der Durchführung mit Ihrem Steuerberater durchzusprechen, um böse Überraschungen seitens des Finanzamts zu vermeiden.

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Annelie Moll
Steuerberaterin

Mail: fp-loecknitz@etl.de


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Benjamin Hummel
Betriebsberater M. Sc. agr.

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