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Verpachtung von Grundbesitz an Pauschallandwirte - und die Option des Verpächters zur Umsatzsteuer

Verpachtung von Grundbesitz an Pauschallandwirte - und die Option des Verpächters zur Umsatzsteuer
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16.11.2020

Verpachtung von Grundbesitz an Pauschallandwirte - und die Option des Verpächters zur Umsatzsteuer

Umsatzsteuer bei der Verpachtung an Pauschallandwirte

BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) III C 3 – S-7198 / 20 / 10002 :003 vom 06.11.2020

Mit Urteil vom 1. März 2018, V R 35/17, hat der BFH entschieden, dass ein Unternehmer (Verpächter), der ein Grundstück an einen Landwirt verpachtet, der seine Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG nach Durchschnittssätzen versteuert, nicht auf die Steuerfreiheit seiner Umsätze nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG verzichten kann. Der BFH hat damit der Verwaltungsauffassung in Abschnitt 9.2 Abs. 2 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) ausdrücklich widersprochen.

I. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010, BStBl I S. 864, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 2. November 2020 – III C 2 – S-7100 / 19 / 10001 :002 (2020/1051603), BStBl I S. …, geändert worden ist, in Abschnitt 9.2 wie folgt geändert:

1. Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

1Der Verzicht auf die in § 9 Abs. 2 UStG genannten Steuerbefreiungen ist nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG nicht ausschließen.

2. Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

(2) 1Die Option ist unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch dann zulässig, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der Reiseleistungen erbringt (§ 25 UStG) oder die Differenzbesteuerung für die Umsätze von beweglichen körperlichen Gegenständen anwendet (§ 25a UStG). 2Die Option ist nicht zulässig, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der das Grundstück für Umsätze verwendet, für die er seine abziehbaren Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen entsprechend den Sonderregelungen nach §§ 23, 23a UStG berechnet, oder der seine Umsätze nach den Durchschnittssätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe nach § 24 UStG versteuert (vgl. BFH-Urteil vom 1. 3. 2018, V R 35/17, BStBl II S. …). 3Dasselbe gilt, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, bei dem die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG nicht erhoben wird.

II. Anwendung

Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn für Umsätze, die vor dem 1. Januar 2020 bewirkt wurden, die Vorgaben dieses BMF-Schreibens nicht angewendet werden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Das Vorschaltmodel verliert seine Wirkung, die Finanzverwaltung wird diese Gestaltung in Zukunft nicht mehr akzeptieren. Ist ein Wechsel zur Regelbesteuerung sinnvoll?

Erläuterung

Die Vermietung von Grundstücken ist laut Umsatzsteuergesetz steuerfrei. Dafür ist aber auch der Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen nicht möglich. Dies lässt sich legal umgehen, wenn der Mieter selbst Unternehmer ist und das Grundstück für sein Unternehmen anmietet und er grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. In diesem Fall darf das Mietverhältnis als steuerpflichtig behandelt werden Das heißt, der Vermieter muss Umsatzsteuer zahlen und der Mieter darf die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen.

Das Finanzamt war im Rahmen einer Betriebsprüfung der Auffassung, dass ein Landwirt einen Rinderstall für zu wenig Geld an eine GbR überlassen hatte, an der er selbst und seine Ehefrau beteiligt waren. Also setzte das Finanzamt eine höhere Umsatzsteuer fest. Dagegen klagte der Landwirt bereits vor einigen Jahren.

Der Bundesfinanzhof entschied mit einem folgenschweren Urteil: Der Landwirt musste zwar nicht mehr Umsatzsteuer zahlen, doch er durfte nun auch die Vorsteuer aus den Investitionen nicht mehr geltend machen. Denn die Personengesellschaft, an die er den Rinderstall vermietete, war nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dies führte der Bundesfinanzhof darauf zurück, dass bei der Gesellschaft als pauschalierendem landwirtschaftlichen Betrieb der Vorsteuerabzug bereits durch die Vorsteuerpauschale abgegolten war. Ein weiterer Vorsteuerabzug ist aus Sicht der Richter nicht möglich. Damit darf das Mietverhältnis nicht als steuerpflichtig behandelt werden.

Anmerkung

Die Finanzverwaltung hatte früher im Umsatzsteuer-Anwendungserlass die Auffassung vertreten, dass Vermieter auch gegenüber pauschalierenden Landwirten zur Steuerpflicht optieren können. In der Praxis nutzten Landwirte diese Gestaltung, um sich die hohe Vorsteuerlast aus dem Bau von Wirtschaftsgebäuden zurückzuholen.

Nach zwei Jahren Pause hat die Finanzverwaltung nun überraschend den Umsatzsteuer-Anwendungserlass geändert (BMF-Schreiben vom 06.11.2020). Sie akzeptiert das Vorschaltmodell künftig nicht mehr. Die Folge: Vermieter dürfen jetzt ihre Vermietungsumsätze gegenüber pauschalierenden Landwirten nicht mehr steuerpflichtig behandeln.

Unsere Empfehlung

Die Änderung der Verwaltungsauffassung führt nun dazu, dass Unternehmer, die Gebäude vor weniger als zehn Jahren gekauft oder gebaut haben und das Vorschaltmodell genutzt haben, die Vorsteuer nun jährlich anteilig korrigieren müssen. Sie müssen also einen Teil der bereits geltend gemachten Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen. Auch die Mietverträge sind unter Umständen anzupassen.

Um eine Vorsteuerkorrektur zur vermeiden, kann es Ratsam sein, dass der Leistungsempfänger, also der mietende Landwirt, zur Regelbesteuerung optiert. Die Vor- und Nachteile der Regelbesteuerung sind in diesem Zusammenhang neu zu bewerten.

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